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Die Kultur der Renaissance in Bildern
Pictorial History I – (Bild: catawiki.nl; Bilder Nr. 90-92 aus Die Kultur der Renaissance in Bildern) Ein Klassiker (im besten Sinne, wohlverstanden), kann uns, den neugierig nach einem uns noch unbekannten Klassiker greifenden Lesern, eine Einladung sein. Liesse sich eine bessere Gelegenheit, eine charmantere Einladung denken, ein Nachdenken, eine nachdenkliche Befragung von Bild-Geschichte (Pictorial History) zu beginnen? Als eben mit dieser bestimmten Klassikerausgabe? Denn zum einen liegt uns hier ein interessantes Material vor, das sich darauf befragen lässt, wie Historiker mit Bildern umgehen, umgegangen sind, umgehen werden. Und zum zweiten handelt es sich bei der historischen Ära oder Szenerie, die wir gewohnt sind, Renaissance zu nennen, um eine Ära, die ja alle alten und neuen Medien ausgeschöpft hat, um von sich selbst – als Epoche, die sich definiert, und in diesem Definieren auch vom Mittelalter abgrenzt – zu sprechen. Eine kräftig sich selbst inszenierende Ära also, der unsrigen nicht nur unähnlich. Das Bild, das Bild – wir leben in Zeiten, die das Bild so wichtig nimmt, dass diese Zeiten sich gar eine vornehmlich dem Bild gewidmete Bildwissenschaft leistet. Aber eine Frage, in diesen bildbesessenen Zeiten, wird eigentlich höchst selten, ja wahrscheinlich allzu selten gestellt. Nämlich die Frage, welcher Begriff – nach dem Begriff des Bildes, selbstredend – im Rahmen der Bildwissenschaft der nächst wichtige Begriff, dem Begriff des Bildes nachrangig, aber eben doch von höchster Wichtigkeit, sein soll. Sein kann. Sein muss. Was allerdings auch zu der eher ernüchternenden Erkenntnis führen könnte, dass Bilder und dass der Bildbegriff viel weniger wichtig sind, als sie, als ihn die Bildwissenschaft (die ja von ihnen, von ihm auch, und von der angenommenen Wichtigkeit des Bildbegriffs lebt) anzunehmen gewohnt ist. Und dass viel mehr über Interpretationen, den Akt der Interpretation, der Kampf um die Interpretation nachgedacht werden müsste (und über die Rolle der Wissenschaften darin) als dies der Fall ist (oder war). Im Bereich der Geschichte wird dies besonders augenfällig: denn könnte, wollte man sich eine Bildwissenschaft leisten, die vornehmlich mit dem Begriff Geschichtsbild befasst ist, und ihn immer wieder neu fasst und dreht und mit ihm ringt, derweil es anderen Disziplinen überlassen bleibt, augenfällig zu machen, dass Historiker und dass auch die Wissenschaft, dass eben ein handelndes Personal, interessegeleitet oder nicht, stets Geschichtsbilder hervorbringen, und am Bildakt (am Akt der Interpretation von Geschichte) stets mit beteiligt sind. Die Epoche der Renaissance liegt hinreichend fern, dass sich am Beispiel der Epoche all diese Frage diskutieren liessen. Die Frage nach der ›Visual History der Renaissance‹ aufwerfen lässt; aber auch – und hier, in unserem Rahmen eben vornehmlich – die Frage, wie, und wie bildmächtig, oder wie bildkritisch, wie bildverlegen, bild-misstrauisch, Historiker ein Bild dieser Epoche gegeben habe. Mit einem Wort: Jacob Burckhardt, der Autor jenes Klassikers, stiftete sozusagen ein Bild, ein relativ bildarmes Bild, mit seinem Text, der dennoch ein Bild der Renaissance vermittelt hat und noch vermittelt. Die Rolle der Bilder in diesem Bild steht uns, trotz oder wegen einer Bilderfülle, viel weniger vor Augen (es sei denn, wir wären – reichlich naiv – geneigt, die Fülle der in der Renaissance produzierten Bilder schlicht für eine desinteressierte Kumulation von neutralen Repräsentationen zu halten). Wenn wir aber beginnen zu fragen – was uns Bilder der Renaissance eigentlich vermitteln, liegt die Antwort wahrscheinlich weniger im Bild, als in dem Wissen, nach dem die Visual History strebt, nämlich nach einem Wissen über die Funktion, den Erfolg, die Umstände, die Folgen von Bildakten. Einschliesslich solcher (obwohl Visual History nicht von vornherein selbstreflexiv angelegt ist), für den Historiker verantwortlich sind oder an denen Historiker (affirmativ oder kritisch) teilhaben. Und davon, von all dem müsste eine Bild-Geschichte der Renaissance Rechenschaft (und bildhaft Zeugnis) geben. Die Frage ist allerdings, nochmals, ob es eine solche Geschichte bereits gibt. Und obschon es Bilder-Geschichte und Illustrierte Geschichten zuhauf gibt, stellt sich überhaupt die Frage, was eigentlich vorliegt, wenn Geschichte (durchdacht oder auch nicht) bebildert wird (meist mit jenen Bildern, mit denen sie sich selbst bebildert hat, aber nicht nur). Und wie Geschichtsschreibung als gleichzeitig ästhetische wie ethische, wissenschaftsethische und damit auch: politische Herausforderung (verstanden als eine den Historiker, die Historikerin herausfordernde Aufgabe) damit umgeht. Eben diesen Fragen soll hier im Rahmen der Serie Pictorial History (and its critique), in Form von Kurzessays, mehr spielerisch als systematisch umfassend, nachgegangen werden. Bild-Geschichte, der Umgang der Geschichtsschreibung mit Bildern, die visuelle Komponente in Geschichtserzählungen unterschiedlicher Art, wird hier, in Beispielen, in Detailaufnahmen, betrachtet, vor dem Hintergrund stets, dass auch die jeweils in den Blick genommene und erzählte Epoche schon bildproduktiv gewesen ist. Und vor dem Hintergrund, zusammenfassend, dass hier von einem Wechselspiel der Kräfte, von einer stets vorhandenen dynamischen Konkurrenz der Bildakte und Interpretationen gesprochen werden muss. (Bild: amazon.de) MICROSTORY OF ART © DS |